Blogbeitrag

Evolution der Unternehmenskultur: Der Weg in eine bessere Zukunft

Carina Cortez

Chief People Officer, Cornerstone

Als Manager:in kennen Sie diese Situation: Ein Superstar in Ihrem Team brennt geradezu auf neue Projekte und möchte alles und das bitte sofort-spannende neue Aufgaben in einem neuen Team. Das ist ja erst einmal großartig – Glückwunsch zu diesem Mitarbeitenden! Aber: Wie begeistert sind Sie wirklich, wenn Sie von diesem Interesse an einem Rollen- oder sogar Teamwechsel hören? Natürlich wollen Sie nur das Allerbeste für Ihr Team. Und doch macht es Ihnen vielleicht auch ein wenig Sorgen: Was wären die Auswirkungen, wenn Sie wichtige Fachkräfte aus Ihrem Team verlieren? Atmen Sie auf, alles wird gut. Vergessen Sie dieses scheinbare Dilemma. Denn Daten und Erfahrungswerte zeigen, dass es weder im Interesse Ihres Teams noch Ihres Unternehmens wäre, so zu denken.

Ihr Team liegt Ihnen am Herzen? Sie lieben es, wenn sich jemand aus Ihrem Team großartig entwickelt? Was man liebt, sollte man freilassen: Lassen Sie diese/n Überflieger:in die Flügel ausbreiten und fliegen!

Letztlich werden Sie und Ihr Unternehmen davon profitieren. Denn falls Sie besorgt das Gegenteil inszenieren – also die Entwicklung des Mitarbeitenden nicht fördern, interne Türen nicht öffnen, Chancen verschweigen, den wichtigen Anruf nicht machen und so versuchen, Ihre Toptalente schön im Körbchen Ihres Teams zu halten – dann passiert schnell der Worst Case für Sie und Ihr Unternehmen: Der Mitarbeitende sieht sich extern nach besseren Entwicklungschancen um – und startet entnervt gen Wettbewerb. Dieses Phänomen, oft als „Talent-Hoarding“ bezeichnet, ist ein echtes Problem des manchmal sehr kompetitiven modernen Managements.

Spielen wir das einmal durch. Was passiert, wenn wir dem Talent-Hoarding nachgeben, und wie wirkt es sich auf Unternehmen und Mitarbeitende aus? Cornerstone und die Expert:innen von Lighthouse Research Advisory haben dieses Thema eingehend untersucht. Betrachten wir das Thema aus zwei Blickwinkeln: Talentmobilität und Unternehmenskultur.

Warum Talentmobilität eine Win-Win-Situation ist

Unsere Recherchen zeigten eine erschreckende Statistik auf: Fast 70 % der Befragten denken, dass ihre Vorgesetzten ihren Wechsel in eine andere Rolle innerhalb des Unternehmens nicht unterstützen würden. Deshalb planen sie, ihren Job innerhalb der nächsten sechs Monate zu kündigen. Was meinen Sie: Wie überleben eigentlich Unternehmen, deren Mitarbeitende sich nicht gefördert fühlen? Und warum halten so viele ihre Top-Mitarbeitenden fest und schaden sich damit selbst?

Der „Future of Jobs Report 2023“ des Weltwirtschaftsforums zeigt auf, dass 60 % der befragten Unternehmen Mühe haben, lokale Kompetenzlücken zu schließen. 53 % nannten Schwierigkeiten bei der Talentgewinnung als größte Hürde bei der Transformation ihres Unternehmens. Liegen hier also die Ursachen für schlechte Mobilitätspraktiken?

Im Prinzip ist ja alles ganz einfach: Eine der wirksamsten Möglichkeiten für Unternehmen, Kompetenzlücken zu schließen und die Leistungsfähigkeit zu optimieren, ist die Förderung der internen Talentmobilität. Wenn Mitarbeitende in neue Rollen wechseln, erwerben sie neue Skills und werden zu Leistungsträgern einer dynamischen Belegschaft, sie verstehen die Hochleistungskultur ihrer Unternehmens und treiben sie voran. Diese neuen Skills sind in einer Zeit der technologischen Umwälzungen und Innovationen von unschätzbarem Wert. Und die Mitarbeitenden bleiben langfristig attraktiv für den Arbeitsmarkt. Was will man mehr? Das ist Win-Win vom Besten!

Die Studie zeigte auch, dass High-Performance-Unternehmen mit Führungskräften und Manager, die die Mitarbeiterentwicklung vorantreiben, sich auch über solide Kennzahlen zu Umsatz, Mitarbeiterbindung und Mitarbeiterengagement freuen können. Unternehmen können also positive Ergebnisse erzielen, wenn sie der Mitarbeiterentwicklung Priorität einräumen und sie fördern.

Herausforderungen beim Überwinden des Talent-Hoarding

Talent-Hoarding ist ein zähes Übel. Und es wird intern ziemlich kreativ verteidigt – so stießen wir bei einer großen Gesundheitsorganisation auf ein häufiges Szenario. Mitarbeitende umgehen einfach die Unternehmensrichtlinien, nach denen sie zuerst die Zustimmung des Vorgesetzten brauchen, bevor sie sich um eine andere Stelle innerhalb des Gesundheitssystems bewerben können. Dafür nutzen sie kreative Taktiken. Interessanter als diese Taktiken ist aber ihre innere Haltung. Taktieren die Mitarbeiter, weil ihre Vorgesetzten die Bitte um einen Rollentausch sowieso ablehnen? Hatten sie zu viel Angst, um zu fragen? Oder haben sie sich schon an das Taktieren gewöhnt - als sei das normal? Diese Story zeigt, wie tief Talent-Hoarding in allen Branchen verwurzelt sein kann. Es kann so weit gehen, dass wir nicht einmal erkennen, dass es schon Teil des Unternehmens ist.

Aber es sind nicht nur Richtlinien, die zum Talent-Hoarding verführen. Auch kulturelle Dynamiken spielen mit. Wenn Manager beispielsweise während des Übergangs Produktivitätsverluste befürchten, schrecken sie häufig vor der Mobilitätsförderung zurück. Also müssten Unternehmen dazu bereit sein, in Übergangsphasen nicht notwendige Workloads zu reduzieren.

Und sie müssten erkennen, dass die beste Lösung oft nebenan im Office wartet. Ein Umdenken beim Recruiting, das sich auf interne Talente konzentriert, reduziert den Zeitaufwand für Rekrutierung, für das Onboarding und entlastet das Team. Suchen Sie also nicht extern und teuer in den Haifischbecken dieser Welt, riskieren Sie lieber einen Blick in den internen Talentpool.

Den richtigen Weg in die Zukunft finden

Was lernen wir aus all dem? Wie können Sie und Ihr Unternehmen die negativen Auswirkungen des Talent-Hoarding verhindern?

Natürlich gibt es keine Patentlösung. Aber unsere Forschungsergebnisse geben eine klare Empfehlung: Nutzen Sie Technologien, mit denen Ihre Mitarbeitenden interne Karrieremöglichkeiten erkunden. Lassen Sie sie ihre Möglichkeiten und Chancen und Ihre Mobilitäts-Angebote selbständig entdecken. Das verbessert die Mitarbeiterbindung enorm. Daten zeigen, dass Mitarbeiter:innen mit Zugang zu Selfservice-Technologien mit 50 % geringerer Wahrscheinlichkeit planen, ihren Arbeitsplatz zu kündigen. 50 % treuer – das hört HR doch gerne, richtig?

Nur ist nichts für immer und ewig: Selbstverständlich werden gerade Ihre besten Mitarbeitenden auch nach neuen Möglichkeiten suchen. Aber – Sie wollen sie doch nicht zum Wettbewerb ziehen lassen, plötzlich und unerwartet. Besser: Öffnen Sie ihnen intern die Türen. Geben Sie ihnen alle Instrumente, Strategien und Praktiken, die Loyalität und Bindung fördern.

Davon profitieren dann alle. Ihre Mitarbeitenden wissen, wo sie ihre Karrierewünsche und Interessen am besten leben können, wo sich Leistung lohnt, wo man sich persönlich seit langem kennt und schätzt und wo man auf dem Weg nach oben oder auch in neue Bereiche nie allein ist. Eine Unternehmenskultur, in der die interne Mobilität gefördert wird, in der Führungskräfte Unterstützung bieten und den Mitarbeiter:innen Tools und Praktiken zur Verfügung stellen, um interne Möglichkeiten zu erkunden, trägt zur Mitarbeiterentwicklung und zur Performance des Unternehmens bei. Das Unternehmen profitiert von kulminiertem Wissen und geballter Erfahrung. Und Sie als Führungskraft profitieren davon, dass Sie Spitzenkräfte an sich binden, das Engagement Ihres Teams steigern und das vorhandene Wissen und die Skills Ihrer Mitarbeiter nutzen. Denken Sie daran: Das Beste für Ihre Mitarbeitenden ist auch das Beste für Sie und für das Unternehmen. Horten Sie also mit Ihrem Team Erfolgserlebnisse – und nicht etwa Talente.

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