Blogbeitrag

Fachkräftemangel von Innen adressieren

Prof. Dr. Armin Trost

Professor at HFU Business School in Furtwangen, Germany

In Deutschland erleben wir aktuell zwei gegenläufige Entwicklungen. Auf der einen Seite werden Arbeits- und Fachkräfte händeringend gesucht. Auf der anderen Seite wird Personal abgebaut. Nicht selten treffen beide Entwicklungen in ein und demselben Unternehmen aufeinander. Dieser Umstand legt die Lösung nahe, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus jenen Bereichen, in denen abgebaut wird, in einen anderen Bereich, in dem Mitarbeiter gebraucht werden, zu transferieren.

Diese Lösung klingt einfacher, als sie ist. Häufig werden unterschiedliche Fähigkeiten gefordert. Schrauber werden abgebaut und Programmierer aufgebaut. Die eine Fähigkeit wird nicht mehr gebraucht, dafür eine andere. Nicht selten verteilen sich Personalbedarfe unterschiedlich über die Standorte hinweg. In Stuttgart wird aufgebaut und in Hannover abgebaut, oder umgekehrt.

Aus einer klassischen, traditionellen HR-Sicht ließen sich die Probleme durch eine entsprechende Personalblanung in den Griff bekommen. Man erfasst alles, was für Versetzungen, Abbau oder interne Schulungen relevant ist und geht dann dazu über, in gewisser Weise Schach zu spielen. Menschen werden wie Figuren über das Schachbrett geschoben. Aus einer zentralen oder übergeordneten Perspektive werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen, versetzt, geschult etc. Man tut etwas mit der zur Verfügung stehenden Humanressource. Der richtige Mitarbeiter zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Platz.

Eine Alternative zu dieser Art „Personalplanwirtschaft“ besteht in der Etablierung eines internen Talentmarktes. Ein interner Talentmarkt schafft Transparenz über Aufgaben oder Jobs und bietet Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeiten, sich zu präsentieren und sich für neue Aufgaben aktiv zu bewerten. Man setzt also auf die Wechselmotivation und auf die individuelle Orientierung der Beschäftigten. Unternehmen haben für solche, internen Arbeitsmärkte unterschiedliche Begriffe gefunden. Manche sprechen auch von „Career Hubs“ oder von „Opportunity Marketplaces“. Am Ende ist meist dasselbe gemeint.

Hierfür braucht es allerdings mehr als nur eine technische oder verwalterische Lösung:

  • Eine breite Bereitschaft, Potenzial gegenüber aktuellen Fähigkeiten eine hohe Bedeutung beizumessen. Es geht nicht darum, was ein Mitarbeiter heute kann, sondern was ein Mitarbeiter in Zukunft schnell erlernen kann.
  • Vielfältige und authentische Einblicke in bislang fremde Arbeits- und Aufgabenwelten. Mitarbeiter sind eher bereit, sich auf Neues einzulassen, wenn sie potenzielle Kolleginnen und Kollegen und deren Aufgaben erleben.
  • Eine breite Akzeptanz aufseiten der Führungskräfte, dass ein interner Wechsel gut ist. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten wissen, dass es in Ordnung ist, sich für eine Alternative im Unternehmen zu interessieren und keine Sanktionen, etwa durch den Vorwurf mangelnder Loyalität erwarten.
  • Eine Reduktion von Unsicherheit aufseiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch entsprechende Beratung und Coaching.
  • Anreize für und Vorauswahl von besonders geeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Führungskräfte verlieren das Vertrauen in einen internen Talentmarkt, sobald sie den Eindruck gewännen, dort tummelten sich nur die Leistungsschwachen und Verzweifelten.
  • Unterschiedliche Regeln für interne Wechsel. Es mag sein, dass man internen Wettbewerb um gute Köpfe etwas führen muss. Führungskräfte stünden einem internen Arbeitsmarkt dann negativ gegenüber, sollten sie eine zu große Gefahr sehen, am Ende als Verlierer dazustehen.

Diese Liste ist selbstverständlich nicht vollständig. Sie soll lediglich verdeutlichen, dass ein interner Talentmarkt ein gezielter Eingriff in ein soziales System darstellt, der die Zukunft individueller Lebens- und Karriereentwürfe aber auch die Interessen der Führungskräfte berührt. Entsprechend groß sind neben all den Chancen auch die Gefahren für so genannte, nicht-intendierte Konsequenzen. Dies gilt natürlich auch für den Ansatz, der hier als „Personalplanwirtschaft“ skizziert wurde. Insofern tun Unternehmen gut daran, im Zweifel auf die Motivation und die eigene Orientierung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu setzen. Damit wäre zumindest sichergestellt, dass interne Wechsel dann und dort stattfinden, wo die Betroffenen es selbst wollen. Um die wachsende Workforce-Readiness-Lücke zu schließen, brauchen Ihre Mitarbeitenden Entwicklungschancen und Sie eine anpassungsfähige Belegschaft. Sie brauchen Workforce Agility.

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