Blogbeitrag

Talent-Pool: Wie lange dürfen Bewerbungsunterlagen gespeichert werden?

Lars Kripko

Privacy Officer, HR Data Privacy geek and GDPR evangelist

In älteren Beitragen hatten wir uns bereits ausführlich damit beschäftigt, wie man mit Kündigungen von Mitarbeitern umgeht. Doch viele Firmen speichern die Personaldaten noch lange Zeit, nachdem der Trennungsschmerz schon längst überwunden ist. Das mag noch einigermaßen verständlich sein. Doch wie sieht es mit Unterlagen von Bewerbern aus, die niemals Teil des Unternehmens waren?

"Leider müssen wir Ihnen jedoch mitteilen..." so oder ähnlich liest sich immer der entscheidende Abschnitt einer jeden Absage. Bleibt unternehmensseitig die Frage, ob mit dem Versand der Absage die Arbeit getan ist? Eigentlich nicht. Denn bei manchen Firmen werden solch personenrelevante Informationen über die Bewerber selbst dann noch gespeichert, wenn dieser schon fast das Rentenalter erreicht haben. Zudem flattern tatsächlich oft noch weiterhin Bewerbungen per Post oder eMail ins Haus, nachdem die Stellenausschreibung geschlossen wurde. Während gedruckte Bewerbungen wohl meist schnell entsorgt werden, könnte man sich digitale Unterlagen „auf Halde“ legen. Ganz nach dem digitalen Motto: Irgendwann braucht man das bestimmt noch mal.

Digital aufheben ‚kostet ja auch nichts‘, also können die Anlagen im Emailpostfach oder auf den Massenspeichern liegen. Diese Überlegung trifft natürlich nicht nur die Recruiter, sondern alle am Auswahlverfahren Beteiligten, also auch die anfordernden Fachvorgesetzten und andere Entscheider. Diese Unterstellung wirft zwei praxisrelevante Fragen auf: Solche Unterstellung wird möglicherweise nur vom Datenschutz direkt angesprochen, sie gibt aber die unausgesprochene Befürchtung vieler Bewerber wieder. Wie erklärt man den Bewerbern also die Löschung und Vernichtung von Bewerbungsunterlagen? Auf der anderen Seite stellt sich intern die Frage: Wie werden Bewerbungsunterlagen in unterschiedlichen Formen (Fotokopien, eMail-Anhänge) gesteuert und vor allem von wem?

Aus Sicht der Compliance sind die Anforderungen mehr oder weniger einfach. Das Bundesdatenschutzgesetz (auch in der künftig gültigen Fassung) erlaubt die Aufbewahrung, so lange die Unterlagen für die Entscheidung über eine Einstellung des Bewerbers erforderlich sind. Wenn also eine Stelle nicht besetzt werden kann oder der Kandidat ungeeignet ist, fällt der Zweck des Abschlusses eines Arbeitsvertrages weg. Die Unterlagen und Daten sind zu löschen und zwar von allen Beteiligten.

Nun wissen wir aber auch, dass mit der Entscheidung für oder gegen einen Bewerber in Einzelfällen gerichtliche Überprüfungen des Auswahlverfahrens einhergehen können. Um Tatsachen aus dem Auswahlverfahren vor Gericht auch belegen zu können, ist es erforderlich die Dokumentation der Bewerbung und Schritte des Auswahlprozesses aufzubewahren. Aus diesem Grund sehen Aufsichtsbehörden in Deutschland eine Aufbewahrung der Unterlagen für 4 bis 6 Monate nach Abschluss eines Auswahlverfahrens als angemessen an.

Der für die Recruitingprozesse Verantwortliche sollte also auf Grundlage der beiden unterschiedlichen Ziele der Aufbewahrung von Bewerbungsunterlagen entscheiden und definieren, welche interne Stelle bis wann welche Unterlagen und in welcher Form braucht. Der Lebensweg von Fotokopien und auch eMails als digitale Kopien der Unterlagen eines Bewerbers lassen sich erfahrungsgemäß schwer steuern. Dabei wird zu bedenken sein, dass neben dem Auswahlverfahren für eine definierte Stelle die zu einem definierten Datum besetzt werden soll Initiativbewerbungen oder permanent ausgeschriebene Stellen differenziert zu beurteilen sind.

Was der Bewerber bezüglich des Umgangs mit seinen Unterlagen erwarten kann, kann und sollte man ihm auch gleich offen kommunizieren. Ergibt sich aus den Informationen zum Bewerbungsverfahren keine Erklärung dazu, neigen tatsächlich einige Bewerber zu Interpretationen. Im ungünstigen Fall wird der Bewerber die eingangs dargestellte Unterstellung zum Employer Brand hinzuspeichern und damit abwerten. Daher sollte man klare Formulierungen nutzen wie: „Ihre an uns übersandten Bewerbungsunterlagen werden wir bis spätestens X vernichten.“ Natürlich kann ein Bewerber auch freiwillig seine Einwilligung dazu geben, dass seine Unterlagen länger beim Unternehmen verbleiben sollen. Dies könnte womöglich in Fällen eintreten, wenn ein Bewerber vom Unternehmen überzeugt ist und hofft in der Zukunft dort an Bord kommen zu können.

In einem folgenden Teil werden wir uns mit der Alternative zum Talent -Pool beschäftigen, die dem Bewerber auf ähnliche Weise eröffnet werden kann: „Wir würden gerne in den folgenden 6 Monaten nach einer passenden Gelegenheit für eine erfolgreiche Zusammenarbeit suchen und deshalb Ihre Unterlagen in dieser Zeit weiternutzen.“ Wir werden uns dann um die Einwilligung in die Speicherung von Bewerbern beschäftigen.

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